Blogartikel löste Einladung aus.
Im Blogartikel http://www.windsa.net/article-landratsamt-und-wz-neben-der-kappe-102333640.html hatte ich geschrieben, „Insbesondere die laut WZ mitarbeiterstärkste Firma Mekra Lang (900 Mitarbeiter) ist ja dafür bekannt, dass sie einen großen Anteil an Zeitarbeitern mit entsprechenden Niedriglöhnen hat“. Diese Aussage wurde von Mitarbeitern der Firma Mekra Lang bei einem zufälligen Treffen am Altstadtfest kritisiert. Man bot mir an, einen Gesprächstermin mit Mekra- Chef Dr. Werner Lang zu arrangieren.
Am 13.08.2012 war ich dann bei Mekra Lang in Ergersheim und wurde sehr freundlich empfangen. Ich schilderte Dr. Werner Lang das Zustandekommen meines Artikels. Dabei hatte ich auch einige sehr „volkstümliche“ Aussagen von Bekannten eingebaut, die da ca. lauten: „Bei Mekra Lang und auch bei Heunisch in Bad Windsheim werden hinten die Arbeiter entlassen und vorne dann wieder mit reduziertem Lohn durch eine Zeitarbeitsfirma eingestellt. Mit dem eingesparten Geld tritt man dann als großzügiger Sponsor auf“.
Für einen Laien wie mich (RM) ist es sowieso erst einmal sehr verwunderlich, dass ein auf den ersten Blick simples und einfaches (Massen-) Produkt, wie ein Lkw- oder Pkw- Spiegel nicht längst konkurrenzlos billiger in China hergestellt wird. Hierzu musste ich mich aber eines Besseren belehren lassen. Allein die Entwicklung eines neuen Lkw- Spiegels läuft parallel mit der Entwicklung des Gesamtfahrzeuges und dauert drei bis vier Jahre. Die besondere Schwierigkeit besteht darin, ein Produkt mit Bauteilen aus Metall, Kunststoff und Glas so herzustellen, dass es bei minus 30 Grad ebenso funktioniert, wie bei plus 40 Grad Celsius. Mir wurde klar, dass Lkw- Spiegel Hightech- Produkte sind. Einen Schutz gegen Einfuhren aus China geben auch die in diesem Fall sehr hohen Frachtkosten. Lkw- Spiegel können nicht einfach wie z. B. Textilien gestapelt werden, sondern brauchen verhältnismäßig viel Platz. Selbstverständlich produziert aber Mekra Lang in China an mehreren Produktionsstätten für den dortigen Inlandsmarkt.
Dr. Lang erläuterte mir dann mittels Personalstatistik die Zusammensetzung der Belegschaft. Laut Aufstellung hat Mekra Lang momentan bei insgesamt ca. 850 eigenen Mitarbeitern zusätzlich etwa um die 40 Zeitarbeiter, das sind etwa 5 % der Gesamtbelegschaft. Weitere interessante Aspekte dazu:
- In 2008 hatte man mit 200 Zeitarbeitern bei 1000 eigenen Mitarbeitern einen verhältnismäßig hohen Zeitarbeiteranteil. Dadurch konnte man aber sehr flexibel auf den durch die Weltwirtschaftskrise bedingten Umsatzeinbruch von 60 % ab ca. 2009 reagieren und die Stammbelegschaft halten. Anfang 2009 hatte man nur noch 4 % Zeitarbeiter. Für einen Großteil der Stammbelegschaft wurde damals Kurzarbeit angemeldet. Damit wurde der Anteil der Zeitarbeiter auf ein durchaus nachvollziehbares Maß zurückgeführt.
- Ebenfalls in 2009 wurde mit der Belegschaft vereinbart, das Weihnachtsgeld nur zur Hälfte auszuzahlen, mit der Aussicht, das Geld im Folgejahr zusätzlich auszuzahlen, wenn die wirtschaftliche Lage sich wieder erholt hat. Diese Zusage wurde auch eingehalten und nach der Konjunkturerholung in 2010 das 1,5 fache Weihnachtsgeld ausbezahlt.
- Zeitarbeiter bekommen von ihrer Verleihfirma ca. 20 % weniger Lohn als die Stammbelegschaft, an die Verleihfirma muss Mekra Lang jedoch einen höheren Stundenlohn bezahlen, als für die eigenen festangestellten Arbeiter.
- Etwa 8 von 10 eingestellten Zeitarbeitern verlassen die Firma häufig nach kurzer Zeit wieder. Die verbleibenden 2 werden dann oft von Mekra Lang nach erfolgreicher Einarbeitungszeit fest angestellt.
- Laut Dr. Lang kann man den Zeitarbeiteranteil sowieso nicht beliebig erhöhen, weil dann der Qualitätsstandard nicht gehalten werden kann.
- Bei Mekra Lang wird nicht Akkord gearbeitet oder nach Akkord vergütet, es gibt aber Vorgaben, um den reibungslosen Produktionsprozess sicher zu stellen.
- Bei einem Rundgang fielen die farblich unterschiedlichen T-Shirts der Mitarbeiter auf. Nach einer Einarbeitungszeit von 6 bis 12 Wochen ist man Fachkraft und trägt ein blaues T-Shirt. Die Führungskräfte am Montageband tragen orangefarbene T-Shirts und können so schnell als Ansprechpartner für Probleme und Fragestellungen auch von jedem neuen Mitarbeiter oder Zeitarbeiter identifiziert werden.
- Durch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter schafft man es, dass bei 1 Million Bauteile nur 50 (fünfzig!) Ausschussteile anfallen, dies wird von der Konkurrenz nicht annähernd erreicht.
- Mekra Lang beliefert mehrere große Lkw- Hersteller zu 100 %. Dies konnte nur mit höchster Qualität, Zuverlässigkeit und abgestimmter Zusammenarbeit von der Planung über die Entwicklung bis hin zum fertigen Produkt erreicht werden.
Bei Mekra Lang legt man laut Dr. Lang großen Wert auf soziales und gesellschaftliches Engagement. Man hat hierzu aber nicht irgendwo abgekupfert, man hat vielmehr sein eigenes Modell entwickelt, einige Punkte daraus:
- Speziell für Frauen wurde ein Schwangeren- Montageband und ein Mütter- Montageband eingerichtet: Die Arbeitsplätze wurden so gestaltet, dass sowohl im Sitzen, als auch im Stehen gearbeitet werden kann. Die Arbeitszeiten sind entsprechend angepasst.
- Die 2006 eingerichtete Montessori- Kindertagesstätte „Frieda Lang Haus für Kinder“ von 6 Monaten bis 12 Jahre ist ganzjährig geöffnet.
- Kostenlose Kinderbetreuung bei betrieblich bedingter Samstagsarbeit.
- Zinslose Firmendarlehen bei finanziellen Engpässen der Mitarbeiter.
- Kostenlose Getränke und Vesper bei Sonderschichten und Samstagsarbeit.
- Mekra Lang ist Hauptsponsor des Fränkischen Freilandtheaters im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim.
- Schwangere erhalten bei Verabschiedung in den Mutterschutz eine Torte und dürfen 10 Kolleginnen für eine Verabschiedung in einem Besprechungsraum auf Kaffee und Getränke einladen (auf Kosten des Unternehmens)
Nach einem Bericht vom 1.8.2012 in der Windsheimer Zeitung gibt es momentan in der Lang- Unternehmensgruppe Turbulenzen wegen der bevorstehenden Schließung der Fürther Spiegelfabrik Hans Lang. Laut Aussage von Dr. Lang sind die Pkw-Spiegelgläser, die in Fürth das Hauptgeschäft ausmachen, unter dem Konkurrenzdruck aus Asien nicht mehr wirtschaftlich erfolgreich herzustellen. Deshalb hat man sich – nach Rettungsversuchen durch eine neue Anlage mit höherem Automatisierungsgrad, die jedoch nicht reibungslos zum Laufen kam und nach finanziellen Zuschüssen aus der Unternehmerfamilie - schweren Herzens entschlossen, den Standort zu schließen, weil auf Dauer niemand auf dem Weltmarkt bestehen kann, der ein Produkt teurer fertigt als er es verkauft.