Mittelalterliches Prozedere soll wieder durchgesetzt werden.
Berolzheim, am Samstagabend im Gemeindehaus. Auf einer extra einberufenen Versammlung teilt Siebenerobmann Eisen mit, dass ab diesem Jahr auf Anordnung des Bürgermeisters wieder Flurgänge stattfinden werden. Dazu sollen alle Grundstücksbewirtschafter die an das Gemeindeland angrenzenden Grenzsteine aufdecken. Während bisher rechtswidrig für nichtaufgedeckte Steine Gebühren kassiert wurden, soll in Zukunft nur an die Bewirtschafter appelliert werden, auf freiwilliger Basis die Steine aufzudecken. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht mehr. Nach neuester Rechtsprechung muss der Beantragende die Kosten übernehmen und das ist eindeutig die Gemeinde.
Weil jetzt offenbar die Siebener ihre Felle davonschwimmen sehen, weil man befürchtet, dass immer weniger Landwirte Steine aufdecken, hat man sich offenbar ein Druckmittel ausgedacht. So äußerte Siebenerobmann Eisen, dass mit einer Grundsteuererhöhung zu rechnen wäre, wenn anstatt der Landwirte in Zukunft die Siebener im Auftrag der Stadt die Steine aufdecken. Dies würde eine weitaus längere Arbeitszeit der Siebener mit dann entsprechend höheren Arbeitskosten für diese ehrenamtliche Tätigkeit bedeuten. Die Flurgänge werden dadurch von (fast) Spaziergängen zu (fast) harter Knochenarbeit umfunktioniert. Zusätzlich muss von der Stadt BW eine wesentlich höhere Ehrenamtsvergütung bezahlt werden, nämlich 11 € je Stunde, gegenüber 9 € bisher. Allein diese Erhöhung der Stundensätze um 22 % bedeutet für die Stadt jährlich eine Kostensteigerung von ca. 2000 €.
Ich hatte deshalb bei BM Ledertheil nachgefragt und ich hatte auch darauf hingewiesen, dass im Umkehrschluss wegen ca. 25.000 € Einsparung für 3 Jahre ohne Flurgang dann ja eine Grundsteuersenkung hätte erfolgen müssen.
Sehr geehrter Herr Müller,
ich kann Ihnen mitteilen, dass weder von mir noch von Seiten der Verwaltung zum aktuellen Zeitpunkt eine Erhöhung der Grundsteuer geplant ist. Auch wurde so eine Absicht beim Obmanntreffen weder von mir noch der Verwaltung geäußert. Auch ist ja zurzeit nicht bekannt welche Kosten überhaupt entstehen. Eine Erhöhung, resultierend aus den Kosten der Flurgänge, wird es also nicht geben."
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Ledertheil
Damit sieht man, wie diese ehrenwerten Männer mit der Wahrheit umgehen. Bei Versammlungen prangt ganz vorne immer ein Transparent mit der Aufschrift Ordnung, Recht und Sitte, die Wirklichkeit schaut dann oft ganz anders aus.
Sehr bemerkenswert ist auch, dass die Stadt einerseits kleinste Wünsche der Bürger aus Kostengründen abschmettert, andererseits aber wie hier bei den Siebenern keine Kosten scheut und jährlich weit über 10.000 € für eine Sache ausgibt, die von den Landwirten in z. B. Erkenbrechtshofen und Berolzheim nachweislich abgelehnt wird.